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12.12.2017

Zeitgenössische Kunst bei Punsch und Würstchen

Früher gab es keine Trennung zwischen Schloss und Derneburg. Die Bewohner gehörten zum Schloss oder arbeiteten dort. Mit dem Fortgang des letzten Grafen und der Erschließung der Siedlung in den 70er Jahren ging diese Verbindung mehr und mehr verloren. Die neuen Schlossbesitzer, Andrew und Christine Hall, lassen diese alte Gemeinschaft wieder aufleben und haben alle Bewohner Derneburgs zu einem Tag der offenen Tür in das Schloss eingeladen.

Nach dem Fortgang von Georg Baselitz und dem zehn Jahre dauernden Umbau des Schlosses zu einem Kunstmuseum war die Neugier der Derneburger groß. Was macht ein reicher Millionär aus den USA mit dem alten Schloss? Bleibt das Privatmuseum hinter verschlossenen Türen verborgen und treffen sich dort nur Reiche und Prominente? Können „normale“ Bürger etwas mit der großen Kunstwelt anfangen? Schnell war eine Kluft zu spüren, die sich aus mangelnder Information und Vorurteilen speiste.

Es scheint Andrew und Christine Hall ein wichtiges Anliegen zu sein, diese Kluft zu überwinden und die Derneburger mit ins Boot zu holen. Jeder Bewohner war eingeladen, ins Schloss zu kommen und sich selbst ein Bild vor Ort zu machen. Im ehemaligen Schafstall, dort wo auch die Tochter Emma Hall ihre Hochzeit 2015 gefeiert hatte, trafen sich die Besucher zu Punsch, Plätzchen und Bockwurst. Im Namen der Halls begrüßte Kai Heinze, der neue Leiter des Schloss Derneburgs Museum die Besucher und lud sie zu einer Tour durch die Ausstellungsräume ein.

Unter fachkundiger Führung machten sich die Gruppen auf den Weg in ein Reich, das zu Staunen einlud. Dort wo früher dunkle Kellergewölbe und alte Mauern gestanden hatten, erstrahlten jetzt alle Räume in reiner Ordnung und hellem Weiß. Der enorm aufwändige und edle Umbau des Schlosses beeindruckte die Besucher, die sich langsam auch auf seine Inhalte, die Kunstwerke, einließen. Stück für Stück kamen sich die Derneburger und die zeitgenössische Kunst näher. Ein nicht ganz einfaches Unterfangen, was auch Dank der ausgezeichneten Präsentation der Künstler gelang.

Ein Höhepunkt erwartete die Besucher im alten Bullenstall. Der Künstler Antony Gormley hat dort 35.000 kleine Terrakotta-Figuren in einem riesigen, hell erleuchteten Raum versammelt, die dem Betrachter erwartungsvoll entgegenschauen. Auch der Blick in den alten Rittersaal, dem ehemaligen Atelier von Georg Baselitz, auf die Ritterbildnisse von Malcolm Morley lohnte sich ebenso wie die Aussicht aus den hohen Fenstern in die Parklandschaft.

Mit der Einladung der Derneburger Einwohner haben Andrew und Christine Hall eine Brücke zwischen einer reichen und elitären Kunstwelt und den ganz normalen Bürgern geschlagen. Sie haben Einblick eine Welt gewährt, die kompromisslos und unter hohem Zeit- und Geldaufwand Kunst sammelt und auch bereit ist, diese Erlebnisse mit allen zu teilen.