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13.08.2010

Stellungnahme der Gemeinde Holle zum Raumordnungsverfahren zur 380 kV-Höchstspannungsverbindung

(Holle) 
An das Nds. Ministerium für den ländlichen Raum,
Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
- Regierungsvertretung Braunschweig -
Bohlweg 38
38100 Braunschweig

Holle, den 13.8.2010

Raumordnungsverfahren zur 380 kV-Höchstspannungsverbindung Wahle-Mecklar für den niedersächsischen Abschnitt

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Gemeinde Holle nimmt in dem Raumordnungsverfahren - in ihrer Eigenschaft als Träger öffentlicher Belange, aber auch betroffen in ihrer grundrechtlich geschützten Position, insbesondere als Träger der kommunalen Planungshoheit und Grundeigentümerin - Stellung wie folgt:

1. Bereits im Raumordnungsverfahren wird noch einmal die Frage in den Blick zu nehmen sein, ob das Vorhaben energiewirtschaftlich notwendig ist, ob für dieses Vorhaben also ein (vordringlicher) Bedarf besteht. Das bemerke ich ungeachtet der in § 1 Abs. 2 EnLAG erfolgten gesetzlichen Bedarfsfeststellung. Auch das Feststellungsermessen des Gesetzgebers ist nämlich nicht schrankenlos. Nach der gefestigten Rechtsprechung erschöpft sich die Wirkung eines Bedarfsplans des Gesetzgebers darin, dass er den Gemeinwohlbezug in der Form einer politischen Leitentscheidung auf einer ersten Stufe konkretisiert. Ungeachtet dessen fehlt es auch in Fällen gesetzlicher Bedarfsfestlegung im Einzelfall z.B. bei einem Straßenbauvorhaben gleichwohl an der notwendigen Planrechtfertigung, wenn für das Vorhaben im Hinblick auf die bestehenden bzw. künftig zu erwartenden Verkehrsbelastungen oder im Hinblick auf die verkehrliche Erschließung eines zu entwickelnden Raums die Notwendigkeit fehlt (BVerwGE 98, 339, 347). Für die Planfeststellung nach dem EnWG (und damit auch bereits auf der dieser vorgelagerten Stufe der Raumordnung) gilt nichts anderes. Mit dem Bedarfsplan gem. § 1 Abs. 2 EnLAG ist danach nur eine grundsätzliche Vorgabe zur Planrechtfertigung gesetzt; die Planfeststellungsbehörde (und damit auch bereits jetzt die Raumordnungsbehörde) ist damit nicht der Pflicht enthoben, die Notwendigkeit des Vorhabens zu ermitteln und im Abgleich mit anderen Belangen zu gewichten und abzuwägen. Ebenso wenig wie der Umstand der gesetzlichen Bedarfsfestlegung die Planfeststellungsbehörde von der Verpflichtung entbindet, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der Bedarf im Abgleich mit entgegenstehenden Belangen doch nicht „stark genug ist“ (BVerwG NVwZ 1998, 508, 512 linke Spalte), kann ein Raumordnungsverfahren diese Fragen ausklammern. Deshalb: Bürger, Bürgerinitiativen, Naturschutzverbände und andere Fachkundige haben gegen die - im Kern unverändert als Freileitung konzipierte - 380 kV-Höchstspannungsleitung bereits in der Vergangenheit substantiierte Einwände gerade im Hinblick auf deren energiewirtschaftliche Notwendigkeit/deren Bedarf erhoben. Bereits jetzt zeichnet sich in der Öffentlichkeitsbeteiligung ab, dass diese Einwände nicht nur wiederholt, sondern auch vertieft werden. Die Gemeinde Holle erwartet deshalb, dass - wenn auch in den diesseits erkannten rechtlichen Grenzen - der Frage der energiewirtschaftlichen Notwendigkeit/eines (vordringlichen) Bedarfs gerade bereits im Raumordnungsverfahren nachgegangen wird.

Auch in Kreisen der Fachleute - darauf hatte ich bereits 2007 hingewiesen - wird sehr ernsthaft (vgl. z.B. unverändert Holznagel/Schumacher DVBl 2007, 409, 415 rechte Spalte m.Nw.) die Auffassung vertreten:

Gerade im Bereich der Energienetze bestehen noch große Unterschiede im Grad des Netzausbaus und der Netzqualität zwischen den Mitgliedstaaten. Das deutsche Stromnetz wird trotz der neuerlichen Vorfälle immer noch als qualitativ hochwertig eingeschätzt, während gerade im Bereich der neuen EU-Mitgliedstaaten noch strukturelle Defizite bestehen.

Wenn aber danach ausreichende Netzkapazitäten vorhanden sind, würde es ohne eine Bedarfsfestlegung durch den Gesetzgeber bereits offenkundig an der Erforderlichkeit und damit an der Planrechtfertigung fehlen (Britz/Hellermann/Hermes, Rn 18 zu § 43 EnWG); das gebietet, den Bedarfsplan zu hinterfragen unter den dargelegten Kriterien.

Ich wiederhole in dem Zusammenhang weiter, und zwar unter dem hier maßgeblichen Ansatz: Die sog. Offshore-Anlagen vor der Küste Niedersachsens werden für sich genommen eine noch überschaubare zusätzliche Energiemenge erzeugen. Diese Erzeugungsmenge kann für sich genommen die 380 kV-Höchstspannungsleitung nicht rechtfertigen. Gerechtfertigt sein könnte sie überhaupt nur, wenn die Stromerzeugungsleistung von (neuen) Kohlekraftwerken hinzu tritt. Letztere sind prinzipiell nicht von Natur aus - anders als die sog. Offshore-Anlagen - standortgebunden, sondern können - die entsprechende Infrastruktur vorausgesetzt - an praktisch beliebiger Stelle entstehen, insbesondere also auch an den Hauptabnahmestandorten im Westen und Süden Deutschlands. Gerade auch unter Berücksichtigung dieses Umstands müsste sich die gesetzgeberische Bedarfsfestlegung als im Abgleich mit den zahlreichen und tiefgehenden Eingriffen in die Umwelt als noch vertretbar erweisen.

Ergänzend bemerke ich dazu:

Kenntnisstand der Gemeinde Holle ist, dass der Stromverbrauch derzeit (und nach Auffassung der Fachleute auch mittel- bzw. langfristig) nicht signifikant steigt (bzw. steigen wird). Das ist sicherlich auch das Ergebnis zahlreicher und weitreichender Verbesserungen im Wohnungs- und Gewerbebau (Stichwort: Gebäudedämmung), des Einsatzes neuer Technologien auf den jeweiligen einzelnen Grundstücken (Stichworte: Wärmepumpen, Solar- und Photovoltaikanlagen, Entwicklung sog. Passivhäuser) und des Entstehens zahlreicher, gerade derzeit prosperierender örtlicher Energieerzeugungsanlagen (Stichworte: Photovoltaikanlagen, die in das Netz einspeisen; Biogasanlagen; Kleinkraftwerke, die landwirtschaftliche Produkte - z.B. Stroh - oder Ersatzbrennstoffe verfeuern). Gerade von daher fragt sich auch, ob die DENA-Studie aus 2005 (beruhend auf noch länger zurückliegenden Erhebungsdaten) unverändert „trägt“.

Gerade vor den veränderten Rahmenbedingungen im Bereich der Energieversorgung der Bundesrepublik Deutschland stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit dieser Trasse. Hier sind zum einen die auf Bundesebene geführte Diskussion zur Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke zu nennen, zum anderen die verstärkte dezentrale Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien, der bei weitem nicht so durchgeführte wie seinerzeit geplante Ausbau der Offshoreanlagen in der Nordsee und zum letzten die doch wesentlich geringere Anzahl der geplanten Kraftwerk mit fossilen Brennstoffen an der Norddeutschen Küste. Diese veränderte "Energielandschaft" ist nicht Grundlage der bisherigen Planüberlegungen gewesen und wird auch nicht im Ansatz in den vorgelegten Unterlagen diskutiert. Von Seiten der Gemeinde Holle wird daher die Frage der Notwendigkeit dieser Leitung angezweifelt.

Wenn denn schon aus Sicht der Firma Transpower eine weitere Leitungsverbindung von Nord nach Süd notwendig ist - was von der Gemeinde Holle aus den o. g. Gründen energisch bestritten wird und auch von Seiten der Firma nicht mal im Ansatz dargelegt wurde - erscheint es doch geradezu absurd, dass aus den vorgelegten Unterlagen der Bau der 380 kV-Leitung in den Trassenvarianten 1 und 2 (Trassenlänge 95,8 bzw. 107,1 km Länge) auch damit begründet wird, dass an anderer Stelle ein Rückbau von Leitungen in einer Länge von 92,8 km erfolgen kann.

Dazu gehört auch die Untersuchung der Auswirkungen der nicht in weiter Ferne stehenden Stilllegungen von norddeutschen Kraftwerken wie „Unterweser“ und „Krümmel“ und die Suche/Festlegung derer Ersatzstandorte. Das oberste Gebot jeder Planung ist die Vermeidung von Eingriffen bzw. erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt. So wird noch einmal die Forderung gestellt, die Null-Variante noch einmal unter den aktuellsten energiepolitischen Aspekten zu prüfen.

2. Es ist nach wie vor festzustellen, dass die „Suchraumdiskussion“ nicht ergebnisoffen geführt wird. Dazu wiederhole ich zunächst meinen ebenfalls bereits 2007 gegebenen Hinweis, dass die „Suchräume“ für eine 380 kV-Höchstspannungsleitung in ihrem Zuschnitt zwingend abhängig sind von dem Transportmedium. Die Suchräume für eine Freileitung sind vollständig andere als die für ein Erdkabel. Dass die Suchräume für ein Erdkabel sich signifikant von denen für eine Freileitung unterscheiden, bedingen bereits zahlreiche naturräumliche, geologische, hydrogeologische und andere Vorgaben, welche die Natur setzt. Die Suchräume für eine Freileitung unterscheiden sich untereinander wiederum danach, ob vorhandene Trassen (insbesondere unter Einsatz der Gleichstromtechnik) optimiert werden oder vollständig neue Trassen gesucht werden.

a) Es ist bisher nicht zu erkennen, dass die Suchräume für eine Freileitung ergebnisoffen festgelegt worden sind. Das gilt insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Aufstockung, also der Optimierung vorhandener Trassen und der Bündelung mit vorhandenen Straßen- und Schienenverkehrswegen.

b) Insbesondere der Erläuterungsbericht offenbart, dass der Antragsteller insoweit (Trassenspektrum) bereits die unverändert geltenden gesetzlichen und untergesetzlichen Vorgaben verkennt. Er nimmt - auf den Punkt gebracht - die Vorgabe, gerade auch die Alternative der Erdverkabelung grundlegend zu untersuchen, nicht hinreichend ernst. Damit unterlässt er es schon, auch nur den Untersuchungsrahmen zu erfüllen, der ihm unter dem 05.02.2008 durch Ihr Haus abgesteckt wurde. In diesem Untersuchungsrahmen heißt es u.a. (Seite 3/4), dass technische Alternativen umfassend zu prüfen sind, und zwar insbesondere in den Varianten einer voll- und einer weitgehenden Kabelverteilung, dies unter Diskussion verschiedener Erdkabeltechniken, schließlich unter dem Gesichtspunkt der Ertüchtigung/Umrüstung vorhandener Freileitungen, letzteres auch unter Nutzung der Gleichstromtechnik. Der Antragsteller hängt (z.B. Seite 49 seines Erläuterungsberichts) offenbar der Auffassung an, diese Vorgaben seien - nach Inkrafttreten des EnLAG - „Schnee von gestern“. Damit irrt er indessen, und zwar unter verschiedensten Gesichtspunkten:

Solange der Untersuchungsrahmen nicht neu abgesteckt ist, bleibt er für den Antragsteller verbindlich. Selbst das EnLAG (§ 2 Abs. 2) steht - richtig verstanden und angewandt - einer Vollverkabelung nicht entgegen, sondern lässt diese zu. In § 2 Abs. 3 EnLAG heißt es nämlich:

Für die Vorhaben nach Abs. 1 (das heißt gerade auch die hier zu beurteilende Leitungsstrecke) kann ergänzend zu § 43 Satz 1 Nr. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes ein Planfeststellungsverfahren auch für die Errichtung und den Betrieb sowie die Änderung eines Erdkabels nach Maßgabe des Teils 5 des Energiewirtschaftsgesetzes durchgeführt werden.

Wenn sich das so verhält, muss auch auf der vorgelagerten Stufe der Raumordnung diese Möglichkeit für ein Planfeststellungsverfahren abgeklärt werden. Eine abweichende Austragung wird zu § 2 EnLAG zwar vertreten, ist m.E. aber unrichtig. Hinzu kommt, dass die Auffassung des Antragstellers, das Nds. ErdkabelG gelte nicht mehr (z.B. Seite 15 des Erläuterungsberichts) unrichtig sein dürfte. Zum einen ist dieses Gesetz bis heute nicht aufgehoben, sondern es bestimmt bis zum heutigen Tage in § 1 Abs. 1 Ziff. 2., dass für Vorhaben, bei denen nicht höhere Kosten zu erwarten sind, als für die Errichtung und den Betrieb einer Hochspannungsfreileitung, die denselben Zweck erfüllt, ein Planfeststellungsverfahren möglich ist, welchem ein entsprechendes Raumordnungsverfahren voranzugehen hat. Ganz unabhängig von § 2 Abs. 3 EnLAG ist nicht ersichtlich, dass der Bundesgesetzgeber so verstanden werden will, dass er von seinem Recht - im Sinne einer negativen Sperrwirkung für Länder - zur Regelung des Planfeststellungsverfahrens für die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Höchstspannungserdkabel im EnWG und/oder EnLAG abschließend Gebrauch gemacht habe. Mit Schulte ist also in seinem Kurzgutachten vom 17.08.2007 weiterhin davon auszugehen, dass für das Nds. ErdkabelG ein Anwendungsspielraum eröffnet ist. Ich halte deshalb insbesondere die Aussage Seite 15 des Erläuterungsberichts, wonach die Vorgaben des Niedersächsischen Gesetzes über die Planfeststellung für Höchstspannungsleitungen in der Erde vom 13.12.2007 […] für das vorliegende Raumordnungsverfahren unbeachtlich sein sollen, für falsch. Das bemerke ich ganz unabhängig davon, dass über diese Vorgabe des Landesgesetzgebers auch die Raumordnungsbehörde (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht disponieren kann, geschweige denn der Antragsteller. Schließlich bereits in diesem Zusammenhang: Das LROP des Landes, das in der Fassung der Neubekanntmachung vom 08.05.2008 gilt, gibt in seiner Ziff. 4.2 Unterziff. 07 bis heute vor, dass Hoch- und Höchstspannungsleitungen mit einer Nennspannung von mehr als 110 kV unterirdisch zu verlegen sind, wenn sie auf neuer Trasse erbaut werden.

Es wäre nicht verständlich, wenn der Verordnungsgeber diese Verordnung seit mehr als 2 Jahren in Kraft gelassen hätte, obwohl sie - das ist die Auffassung des Antragstellers, die allerdings rechtlich nicht haltbar ist - jedenfalls seit dem Inkrafttreten des EnLAG vor rd. einem Jahr rechtswidrig = mit Bundesrecht nicht vereinbar wäre.

Zwar heißt es auch im heute geltenden LROP, dass

zwischen den Netzknoten Wahle, Landkreis Peine, und Mecklar, Landkreis Hersfeld-Rotenburg in Hessen, […] bei allen Planungen und Maßnahmen davon auszugehen (ist), dass hier der Neubau einer Höchstspannungsleitung notwendig ist,

dies aber nur mit der ausdrücklichen Vorgabe, dass
- Hoch- und Höchstspannungsleitungen auf gemeinsamer Trasse geführt werden sollen, wobei der Ausbau des bestehenden Netzes unter Nutzung vorhandener Trassen Vorrang vor dem Neubau von Leitungen auf neuen Trassen hat,
- Hoch- und Höchstspannungsleitungen mit einer Nennspannung von mehr als 110 kV auf neuer Trasse unterirdisch zu verlegen sind, wovon nur unter drei ebenda (Anlage zum LROP Ziff. 4.2 07) abschließend aufgeführten Voraussetzungen abgewichen werden kann (welche Ausnahmevoraussetzungen - dies zumindest - nicht abgeklärt worden sind, jedenfalls bislang nicht).

Die Gemeinde Holle hält es deshalb für nicht angängig, das Thema einer Erdverkabelung aus dem Raumordnungs- in ein nachgelagertes Zulassungsverfahren zu verschieben. Genau darauf zielt aber der Antrag, wenn es - nach meiner Auffassung im Gegensatz zum EnLAG, zum Nds. ErdkabelG und zum LROP - ebenda heißt:

Ob und wo ggf. einzelne Abschnitte zu Testzwecken teilverkabelt werden und dabei mittelbar auch die planerische Konfliktbewältigung vor Ort erleichtern können, kann erst im Rahmen der „parzellenscharfen Planung“ des Planfeststellungsverfahrens festgelegt werden.

Diesen Ansatz sollte - mit allem Respekt - die Raumordnungsbehörde dem Antragsteller rechtlich nicht durchgehen lassen. Er ist offenkundig allein in einem vordergründigen betriebswirtschaftlichen Eigeninteresse formuliert. Dabei würde, um auch diesen Hinweis aus dem Jahre 2007 zu wiederholen, selbst ein eigenes betriebswirtschaftliches Interesse nicht entgegenstehen. In § 2 Abs. 4 EnLAG hat der Gesetzgeber fortgeschrieben, was sich bis dahin in § 21 Buchstabe a) Abs. 4 Satz 3 EnWG geregelt fand, nämlich - auf den Punkt gebracht - die Kostenneutralität der Erdverkabelung. Dabei hält die Gemeinde Holle nach wie vor dafür, dass der Kostenabgleich des Antragstellers schwerlich zutrifft, jedenfalls detaillierter eigener Prüfung der Raumordnungsbehörde bedarf. Dies geschah auch in Anbetracht der Tatsache, dass die Bundesnetzagentur in diesen Tagen sinngemäß wie folgt zitiert wird:

Es wird nie wieder eine neue Hochspannungsleitung geben, die nicht zumindest auf wesentlichen Teilstrecken erdverkabelt ist.

Es will sich in diesem Zusammenhang auch nicht erschließen, wie der Antragsteller „in ein und demselben Atemzug“

- behaupten kann, sich zu einem Kostenabgleich (Freileitungen, Erdkabel) abschließend äußern zu können,
- die Frage der Verkabelung bzw. Teilverkabelung andererseits aber gar nicht entscheiden können will, weil es dazu auf die Feintrassierung ankomme.

Deshalb: Gerade die Trassenvarianten müssten doch nicht nur entwickelt, sondern auch untersucht werden unter dem Gesichtspunkt, dass eine Erdverkabelung zulässig und auf der Ebene des LROP auch unverändert angestrebt ist. Wie könnte man seriös auf den bloßen Antrag hin eine raumordnerische Feststellung vornehmen, obwohl

- der zugrunde liegende Antrag die Ausgangsrechtslage nicht zur Kenntnis nimmt, die sehr wohl eine Vollverkabelung, allemal aber eine weitgehende Teilverkabelung zulässt,
- der Antrag sich der Prüfung der Auswirkungen einer Voll- oder „ernsthaften“ Teilverkabelung beharrlich entzieht?

c) Unabhängig davon gilt ohnehin fort: Die Erdverkabelung hätte aus der Sicht der Gemeinde Holle eine Vielzahl von Vorteilen, vor allem für Mensch, Natur und Landschaft. Es würde sich ein dauerhaft sichtbarer und sich auch sonst dauerhaft, nämlich auf mehrere Generationen hin erfolgender Eingriff in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild vermeiden lassen, wenn die Freileitungslösung unterbleibt. Das mag sich nicht sogleich in „Euro und Cent“ beziffern lassen. Es handelt sich aber um überragende ideelle Werte, wobei durchaus auch materielle (und überhaupt erst einmal zu ermittelnde und zu beziffernde) Teilwerte hinzutreten, dies vor allem unter folgenden Gesichtspunkten: Schonung großräumiger Rohstoffgewinnungsgebiete; Schonung der Räume, die dauerhaft Freizeit und Erholung, gerade auch dem Tourismus dienen; Landschafts- und Naturschutz. In dem Zusammenhang weiter: Ein entscheidender Vorteil der Erdverkabelung ist der Umstand, dass mit jedem Stromtransport CO2 -Immissionen einhergehen, die mit Abstand am höchsten sind, wenn elektrische Energie über weite Strecken über Freileitungen transportiert wird. Genau das findet sich doch auch im geltenden LROP so vorgegeben.

Das aktuelle, gerade auch die letzte sog. Weltklimakonferenz nachhaltig beschäftigende Anliegen (Reduktion der CO2-Immission) zwingt dazu, auch beim Stromtransport klimaschonende Techniken einzusetzen. Das gebietet - neben dem Blick auf die Erdverkabelung - so oder so auch die vertiefende Auseinandersetzung mit der sog. Gleichstromtechnik. Über diese wird - so der Kenntnisstand der Gemeinde Holle bereits ein Teil Norddeutschlands von skandinavischen Stromerzeugern versorgt. Vor allem aber dürfte einer Kombination der Vorteile einer Erdverkabelung mit denen der Gleichstromtechnik ein hoher naturschutzfachlicher Wert zukommen.

3.Das Gebiet der Gemeinde Holle wird von den Trassenvarianten 1 und 2 - die in unserem Gebiet identisch sind - sowie der Untervarianten U2 - b (Verlauf östlich von Luttrum Richtung Nordassel) bzw. der Untervariante U2 - c (Verlauf südlich der Kreisstraße K 213 Richtung Hohenassel) betroffen. Nach wie vor ist die Leitungsverbindung als Freileitung mit Mastenhöhen von 50 bis 60 m, bei längeren Spannfeldern u. U. auch mit 80 m geplant. Die Stahlgittermasten nehmen auf der Basis eine Fläche von 10 x 10 m in Anspruch. Ein derartiges Vorhaben würde erhebliche schwerste und weithin wahrnehmbare Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes im Gebiet der Gemeinde Holle zur Folge haben.

Die geplante Trasse zerstört das harmonische Landschaftsbild im gesamten östlichen Bereich der Gemeinde Holle. Gerade das Gebiet um die Ortschaft Sillium mit dem Wohldenberg und dem Hainberg, das Gebiet der Ortschaft Grasdorf mit dem reizvollen Innerstetal und der Bereich der Ortschaft Luttrum mit seinem einzigartigen Niedermoorgebiet (lt. Aussage der Naturschutzbehörde beim Landkreis: bislang nur deshalb nicht als Naturschutzgebiet ausgewiesen, weil noch eine kleinstteilige Nutzung des Moores als Heilmoorgewinnung stattfindet) wird durch den geplanten Verlauf der Trassenvarianten 1 und 2 sowie der vorgenannten Untervarianten zerstört. Hier sei nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Gebiet der Gemeinde Holle mit seiner vielfältigen und abwechslungsreichen Landschaftsstruktur mit hohem Wald- und Freiflächenanteil sowie gerade in den betroffenen Gebieten mit den hier gelegenen Vorsorge- und Vorranggebieten für Natur und Landschaft eine hohe Sensibilität gegenüber technischen Bauwerken aufweist. Das Schutzgut "Landschaft" ist in den vorliegenden Planunterlagen nicht gewürdigt worden. Hier sind entsprechende Nachuntersuchungen zwingend notwendig. Schon die Bundesautobahn A 7 ist in diesem Zusammenhang als störendes Element zu betrachten.

Dieses die hier lebenden Menschen schon erheblich belastende Element "A 7" jetzt im Rahmen der Bündelungswirkung auch noch als Argument für den Trassenverlauf durch die Gemeinde Holle zu benennen, ist den Einwohner/innen äußerst schwer vermittelbar.

Bei der A 7 wurde jedoch durch eine Bepflanzung eine zumindest optisch für den Betrachter akzeptable Lösung gefunden. Eine solche Lösung kann naturgemäß bei den geplanten technischen Bauwerken (Mastenhöhe 50 - 80 m) nicht erfolgen.

4.Im Interesse ihrer Bürger erwartet die Gemeinde Holle, dass auch sehr genau dem Einwand zahlreicher Einzeleinwender nachgegangen wird, wonach Freileitungen - zumal in der hier diskutierten Stärke - einen Strahlungskorridor von bis zu 5 km aufweisen, in welchem Korridor potenziell krebsauslösende Erosole entstehen können sollen, vor allem begünstigt durch die Aufheizung der Leitungen auf etwa 40 Grad Celsius.

Aus Sicht der Gemeinde Holle ist bislang auch noch nicht geklärt, ob von der geplanten Freileitung tatsächlich keine gesundheitlichen Auswirkungen auf ihre Einwohner und Gäste ausgehen wird. Selbst wenn die Grenzwerte eingehalten werden, wird von namhaften Wissenschaftlern ein Gefährdungspotential bei geringen Entfernungen zwischen Wohnsiedlungen und Freilandtrassen nicht ausgeschlossen. Seriöse Mediziner raten Patienten mit Herzschrittmachern dringend von einem längeren Aufenthalt innerhalb des Umfeldes solcher Leitungen ab. Neuere Untersuchungen, die auch dem Antragsteller Transpower bekannt sind, belegen, dass ab bestimmten Grenzwerten eine empirische Zunahme von Leukämieerkrankungen bei Kindern festzustellen ist. Diese Grenzwerte werden hier deutlichst überschritten.

5.Es werden die Auswirkungen auch auf die Flora und die Fauna genauestens zu untersuchen sein, insbesondere wegen des Wildes und der Avifauna, die durch die Freileitung erheblich gefährdet werden dürfte. Die Trassen würden teilweise jedenfalls Hauptzugrichtungen der Kraniche, auf Teillängen des Weiteren vor allem die Nahrungsflugstrecken des seltenen und deshalb besonders schutzwürdigen Schwarzstorches kreuzen. Die vielfältigen Eingriffe in Natur und Landschaft müssten - in jeder Variante, was Transportmedium und Trassierung angeht - kompensiert werden. Ausgleich und Ersatz müssen im Nahbereich eines jeden Eingriffs, auf jeden Fall innerhalb der jeweiligen Gemeinde gewährleistet sein.

6.Bei Britz/Hellermann/Hermes Rn 26 zu § 43 EnWG ist zutreffend - mit Belegstellen - u.a. ausgeführt, dass mit Freileitungen erhebliche Umweltauswirkungen verbunden sind, denn:

Sie verbrauchen Fläche (betonierte Mastsockel) und führen bei der überspannten Bodenfläche auf der gesamten Trassenbreite - also für 4 bis 10 ha je laufendem Kilometer - zu einem erheblichen Funktionsverlust […] Höchstspannungsleitungen führen bis zu einem Abstand von ca. 50 m zu einem erheblich erhöhten Zinkeintrag im Boden mit Werten, die den Richtwert von 300 ppm z.T. deutlich überschreiten […] Bei Freileitungen der höchsten Spannungsebene kommt es, vor allem bei hoher Luftfeuchte und Temperatur, zu Koronar-Entladungen, deren Folgen wiederum nicht unbeträchtliche Geräuschentwicklungen (… nennen einen Geräuschpegel von 50 dB(A) in einem Abstand von 50 m, was den für Nachtstunden in Wohngebieten geltenden Höchstpegel von 35 dB(A) deutlich überschreitet) und die Erzeugung von Oxidantien sind. Auch die Vogelwelt wird durch Freileitungen beeinträchtigt […] eine mögliche Gesundheitsgefährdung durch die elektromagnetischen Wechselfelder, die in der Nähe von Freileitungen herrschen, wird seit längerem diskutiert … schließlich führt die zunehmende „Verdrahtung“ der Landschaft durch Freileitungen auch zu einer Denaturierung des Landschaftsbildes.

Die Gemeinde Holle erwartet, dass gerade dem auch schon auf der Raumordnungsebene nachgegangen wird.

7.Sowohl für den Fall der Trassenvarianten 1 wie auch 2 ist u. a. im Süden der Gemeinde Holle mit einem unverhältnismäßig hohen Ausmaß an negativen Beeinträchtigungen für die dort hohe ökologische Vielfalt und das von Wald geprägte Landschaftbild zu rechnen. Durch die etwa 3,5 km lange Schneisen-Querung des historischen und alten Waldgebietes des Landschaftsschutzgebietes „Hainberg und Bodensteiner Klippen“ werden mit dem darin z. T. liegenden Teilbereich des FFH-Gebiets „Nette und Sennebach“ hochsensible Landschaftsbestandteile mit einem sehr hohen Konfliktpotenzial betroffen sein.

8.Die Wälder des Hainbergs sind Lebensraum von Wildkatzen, die als typische Waldbewohner bekannt sind. Der Raum gehört u. a. zum potenziellen Austauschkorridor zwischen den Populationen des Harzes und des Weserberglandes (Solling). Im Rahmen des sechsspurigen Ausbaus der Autobahn A 7 soll diese extra Wildwechselbrücken erhalten, um diese bereits vorhandene Barriere u. a. auch für diese Tierart besser und gefahrloser überwinden zu können. Eine neue Freileitungstrasse mit einer neuen, ebenfalls quer zur Wanderrichtung verlaufenden Schneise in den Wald würde diese Verbesserungsmaßnahmen konterkarieren.

Eine Beeinträchtigung der Habitatstruktur für die Wildkatze wird in den Antragsunterlagen für die Bauzeit (baubedingt) ausdrücklich bestätigt und auf Dauer (anlagebedingt) nicht eindeutig ausgeschlossen.

Es sind allgemein die niederfrequenten Schallabsorptionen (Koronargeräusche) von Hochspannungsleitungen bekannt, speziell bei entsprechender Witterung mit höherer Luftfeuchtigkeit. Diese auch bei einer 380 kV-Höchstspannungsleitung entstehenden Auswirkungen auf lärmempfindliche Tierarten sind zu vermeiden. Dieses gilt insbesondere für Gebiete, in denen es aktuell solche Schallabsorptionen nicht gibt; d. h. aktuell von Freileitungen freien Gebieten, wie z. B. den des Hainbergs mit seiner Wildkatzenpopulation. Der Fragestellung, inwieweit diese Koronargeräusche im Betrieb der Höchstspannungsleitung Wildkatzen in ihrem Bewegungsraum stören, ist in den Antragsunterlagen nicht ausreichend nachgegangen und kein Lösungsansatz dargestellt.

Aus allen drei vorgenannten Gründen legt sich offensichtlich dar, dass Lebensräume der Wildkatze, d. h. hier im konkreten Fall die des Hainbergs von jeglichen Freileitungstrassen freizuhalten sind.

Somit erhöht sich das Konfliktrisiko bei der Bündelung der geplanten Freileitungstrasse mit der Autobahn in diesem Vorbehaltsgebiet für Natur und Landschaft gegenüber den dahingehend gegensätzlichen Aussagen der Antragstellerin in der „Beurteilung der Raumauswirkungen und Konfliktrisiken“ der Raumverträglichkeitsstudie, wo sinngemäß dargestellt wird, dass die Bündelung positive Aspekte mit sich bringt. Das Bündelungsgebot mit vorhandenen Freileitungstrassen anderer Räume wird nicht ausreichend berücksichtigt und die Bündelung mit der Autobahn seitens der Antragstellerin falsch interpretiert.

9.Der von beiden Trassenvarianten 1 und 2 der geplanten 380 kV-Höchstspannungsleitung "Wahle-Mecklar" durchzogene Landschaftsraum wird nachweislich (NLWKN) vom Luchs - als besonders geschützte FFH Anhang II-Art - auf Streifdurchzügen sporadisch besiedelt. Die im Rahmen des sechsspurigen Ausbaus der Autobahn A 7 geplanten Wildwechselbrücken werden das Streichgebiet und ggf. auch langfristig den Lebensraum helfen, weiter nach Westen zu erweitern. Aus diesem Grund muss auf ggf. entstehende neue Barrieren, wie sie die 380 kV-Höchstspannungsleitung darstellen kann, verzichtet werden.

10.Die Waldgebiete des LSGs „Hainberg und Bodensteiner Klippen“ bieten mit ihren Quartiersbäumen umfangreiche Lebens- und Vermehrungsräume unterschiedlicher Fledermausarten, die sämtlich zu den streng geschützten Tierarten gehören. Gleiches gilt für die in den Waldgebieten bei entsprechender Kartierung mit höchster Wahrscheinlichkeit vorkommenden und geschützten Spechtart ‚Kleinspecht‘. Die zu erwartenden Auswirkungen von Quartiersbaumverlusten in der geplanten Freileitungstrasse auf die Fledermauspopulationen wie auch Spechtpopulationen, deren Arten auch sämtlich streng geschützt sind, sind in den Unterlagen zum ROV unzureichend dargestellt.

11.Die Sicherung des gesamtraumtypischen Waldökosystems wird bei den Trassenvarianten 1 und 2 durch die Waldgebiete des Hainbergs nicht gewährleistet. Dieses widerspricht den Zielen des Regionalen Raumordnungsprogramms des Landkreis Hildesheim und so auch den Zielen der Gemeinde Holle und ihrer ebenfalls betroffenen Nachbargemeinden Bockenem und Söhlde.

12.Das Waldgebiet des Hainbergs ist Lebensraum des Schwarzstorches. Diese Vogelart hat aktuell u. a. in Nette- wie auch der Innersteniederung seinen Nahrungsraum. Bei dieser u. a. nach Bundesnaturschutzgesetz streng geschützte Tierart mit einem Aktionsradius von bis zu 20 km werden aller Wahrscheinlichkeit nach zwei sich ergänzende Bereiche, also seine Lebens- wie auch Nahrungsräume erheblich beeinträchtigt und die Schwarzstorchpopulation dadurch erheblich gefährdet. Allgemein ist bekannt und wissenschaftlich auch nachgewiesen, dass die häufigste Todesursache für Störche (Weiß- und Schwarzstorch) die Kollision mit Freileitungen ist. Aus diesem Grund sind die Lebens- und Nahrungsräume dieser Tierart frei von neuen Freileitungen zu halten. Neue Trassen sowohl im Lebens- als auch Nahrungsraum widersprechen jeglichen Naturschutzanstrengungen der letzten Jahre und würden dazu führen, die Erfolge der Individuenanreicherung der letzten Jahre wieder zu vernichten. So muss der Aussage der Antragsunterlagen widersprochen werden, dass „keine nachteiligen Auswirkungen für alle maßgeblichen Bestandteile inkl. der Entwicklungsziele des LSG-Gebiets („Hainberg und Bodensteiner Klippen“) mit dem teilweise darin liegenden FFH-Gebiet „Nette und Sennebach“ möglich“ sind.

13.Direkt nördlich von Holle wird bei Grasdorf das NSG BR 131 „Mittleres Innerstetal mit Kanstein“ in Überlagerung mit dem Natura 2000-Gebiet der Innerste, genauer beschrieben, das EU-Vogelschutzgebiet V 52 „Innerstetal von Langelsheim bis Groß Düngen“ fast mittig seiner Gesamtlänge gequert. Die in Ost-West-Richtung und umgekehrt ziehenden Vogel-Populationen, zu denen u. a. auch Rohrweihen als Großvögel gehören, werden dadurch negativ beeinträchtigt. Dieses ist in den ROV-Unterlagen nicht ausreichend genug gewürdigt, da dieses gleichzeitig unmittelbar im Nahbereich zum FFH-Gebiet „Nette und Sennebach“ wie auch Lebensräumen des Schwarzstorches liegt und sich somit potenziert. In den Antragsunterlagen wird nur relativ pauschal darauf hingewiesen, dass hier Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen hilfreich sein könnten, die negativen Auswirkungen zu verringern. Die möglichen Arten werden jedoch in den Unterlagen nicht explizit dargestellt. So ist im ‚unglücklichen Fall‘ der Durchsetzung der Variante 1 oder 2 aktuell davon auszugehend, dass diese Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen nicht umsetzbar oder nicht ausreichend sind. Dieses ist ein weiterer Grund im weiteren Verfahren auf die Trassenvarianten 1 und 2 zu verzichten.

14.Die Gemeinde Holle fordert, dass der Antragstellerin auferlegt wird, im Sinne der höchstmöglichen Vermeidung bereits im Raumordnungsverfahren gezielte artenschutzrechtliche Prüfungen gem. den „Richtlinien 92/43/EWG (FFH-RL) und 2009/147/EG (V-RL) zum Artenschutz bei Planungs- oder Zulassungsverfahren (VV-Artenschutz)“ durchzuführen bzw. nachzuholen. Von der Gemeinde Holle wird die seitens der Antragstellerin dargelegte Behauptung nicht akzeptiert, dass diese detaillierte Prüfung im Raumordnungsverfahren nicht möglich sei. Bei einer Nichtbeachtung, d. h. einem jetzigen Verzicht darauf, behält sich die Gemeinde rechtliche Schritte vor, da die Gefahr bei der Nichtbeachtung besteht, dass aus dem Raumordnungsverfahren eine Vorzugs-Trassenvariante mit höherer artenschutzrechtlicher Wertigkeit hervorgeht, als ohne differenzierte artenschutzrechtliche Prüfungen im ROV.

15.Für die Gewässer des FFH-Gebiets „Nette und Sennebach“ ist mit negativ auf die Ökosysteme auswirkendem Fremdeintrag durch Metall-Auswaschungen der Leitungen und Masten zu rechnen, die in das Gebiet eingetragen werden und zur Veränderung der Standortsituation, d. h. des Wasser- und Bodenchemismusses führen. Es wird langfristig im Betrieb der Anlage mit einer Florenveränderung, wie auch Beeinträchtigung der Fauna gerechnet, die die Schutzkriterien des FFH-Gebietes erheblich beeinträchtigen kann.

16.Das aktuell nur punktuell durch die Windkraftanlagen auf der Silliumer Hochfläche beeinträchtigte Landschaftsbild wird im Fall beider Trassenvariante 1 und 2 eine lineare Ausdehnung erhalten. Dieses entspricht nicht den Zielen der seinerzeitigen planungsrechtlichen Vorbereitung diese Windkraftanlagen durch die Gemeinde Holle, bei der die Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes in Kauf genommen wurden. Eine Freileitungstrasse parallel der Autobahnen A 7 und A 39 lässt gegenüber der aktuellen zweidimensionalen Belastung des Landschaftsbildes - die Autobahn 7 verläuft auf der Silliumer Hochfläche etwa höhengleich mit dem natürlichen Geländeniveau - eine dreidimensional weit hin sichtbare Belastung erwarten. Die Vorbelastung des Landschaftsraums würde durch eine Freileitungstrasse, die es im Raum der Silliumer Hochfläche nicht gibt, unverträglich verstärkt.

17.Die durch einen eventuellen Bau der Höchstspannungsleitungstrasse zu erwartenden Eingriffe in die im Süden von Holle und daran angrenzend im Norden von Bockenem liegenden Waldflächen lassen Ersatzmaßnahmen durch Aufforstungsmaßnahmen bisher landwirtschaftlich genutzter Flächen erwarten. Dadurch könnte das Gemeindegebiet von Holle durch den Bau der Trasse in Waldbereichen von Bockenem zu Lasten der Landwirtschaft von Holle beeinträchtigt werden. Dieses ist zu vermeiden.

18.Im Norden des Gemeindegebietes wird bei Luttrum durch die Untervariante 2 (West der Trassenvariante 2) das Vorbehaltsgebiet für Natur und Landschaft des „Vorholz“ zerschnitten. Die dort sehr hohe Qualität des Landschaftbilds - zwischen den dort von Osten und Westen nah aneinander gerückten Waldbeständen - wird unter einer Freileitung erheblich leiden. Dieser Raum ist aktuell frei von solchen das Landschaftsbild störenden Elementen. Nach der LSG-Verordnung besteht ein Verbot der Errichtung von baulichen Anlagen aller Art, auch von Anlagen die keiner baurechtlichen Genehmigung bedürfen. Dieses unterstreicht die Sensibilität dieses Raums. Ferner ist unter den Verboten explizit das Verbot der Errichtung von Frei- und Versorgungsleitungen genannten. Die Gemeinde Holle verlangt diese entsprechende Beachtung.

19.Bei dem Vorbehaltsgebiet für Natur und Landschaft der Niederung des Asselgrabens handelt es sich u. a. auf Grund der Weiträumigkeit um ein avifaunistisch wertvolles Gebiet, das u. a. von zu den Großvögeln gehörenden Kranichen zur Rast aufgesucht wird. Durch Freileitungen würde dieses Gebiet für Zugvogelbewegungen und deren Rast seine einzigartige Wertigkeit im Allgemeinen und im Speziellen für die Gemeinde Holle, wie auch für die Nachbargemeinde Baddeckenstedt verlieren. Dieses spricht gegen die Trassenvarianten 1 und 2.

20.Auf der Raststätte der A 7 Sillium West befindet sich ein Mobilfunksendemast; hier ist fraglich, ob dieser bei der Planung abstandstechnisch berücksichtigt wurde.

21.Weiter verläuft die Trasse unmittelbar entlang der Bundesautobahn A 7 und stößt im Bereich der Kreisstraße 305 auf die mit Flächennutzungsplan der Gemeinde Holle ausgewiesenen Vorrangflächen für die Windenergienutzung. Es wird hier bezweifelt, dass mitten durch den Windpark Holle unmittelbar parallel zur Bundesautobahn die in Rede stehende Höchstspannungstrasse verlegt werden kann. Ein Verlassen dieser geplanten Trasse könnte notwendig werden. An dieser Stelle wird schon jetzt darauf hingewiesen, dass die Gemeinde Holle in den vergangenen Jahren bis heute ein stark expandierender Ort ist, der auf Grund seiner attraktiven naturräumlichen Lage weiterhin einwohnermäßig Zulauf hat. Primär erfolgt diese Entwicklung in der Ortschaft Holle selbst. Da im Süden, im Westen sowie im Norden Bach- bzw. Flussläufe vorhanden sind, deren Einzugsbereiche mit umfangreichen Überschwemmungsgebieten vom Land Niedersachsen versehen wurden, kann eine Entwicklung der Ortschaft Holle nur Richtung Osten erfolgen. Diese Entwicklung wurde mit der Ausweisung des Bebauungsplanes "Störtenberg II" letztmalig Rechnung getragen. Dieser Bebauungsplan findet sich im vorhandenen Kartenwerk der Planunterlagen zum Raumordnungsverfahren dieser Trasse nicht wieder. Auch die von diesem Bebauungsplan - und der hiermit einhergehenden auch schon vorhandenen Bebauung - ausgehenden Abstandsregelungen von 400 m sind bei der Festlegung des Trassenkorridors nicht berücksichtigt worden. Sollten darüber hinaus die zukünftigen Planungen ergeben, dass auf Grund des Windparks die 380 kV Leitungstrasse nach Westen verschoben wird, so wäre der Ortschaft Holle und damit der Gemeinde Holle für die Zukunft jegliche Entwicklung genommen.

22.Im Bereich des Salzgitterdreiecks verlässt die wahrscheinliche 380 kV Trasse die unmittelbare Nähe zur Autobahn A 39. Von Seiten Transpower wird die Trassenvariante 1 und 2 damit begründet, dass es hier zu einer Bündelung zwischen der Leitungstrasse und den Bundesautobahnen A 7 sowie A 39 kommt. Dass von Seiten der Firma Transpower geplante Abrücken der Leitung von der Autobahn A 39 widerspricht diesem Grundgedanken ganz erheblich und es findet sich auch keine augenscheinliche fachliche Begründung hierfür. Wenn also nicht nur punktuell - was ggf. notwendig sein könnte - von der Bundesautobahn abgewichen wird, dann können die Trassenvarianten 1 und 2 auch nicht mit dem Bündelungseffekt zu den Bundesautobahnen begründet werden. Es findet hier keine Bündelung statt! Die Begründungen für die Trassenvarianten 1 und 2 sind damit in Gänze hinfällig!

23.Im Übrigen hat bereits 1998 das seinerzeitige Niedersächsische Landesamt für Bodenforschung darauf hingewiesen, dass es sich im Bereich zwischen den Autobahnen A 7 und A 39 um ein Gebiet "mit wertvollen Kiesrohstoffen" handelt. Diese Ausführungen haben seinerzeit dazu geführt, dass die Gemeinde Holle sich nicht in der Lage sah, in diesem Bereich, der jetzt für die 380 kV Trasse genutzt werden soll, Flächen für die Windkraftanlagen auszuweisen.

24.Im Bereich östlich der Ortschaft Grasdorf sind die von der Gemeinde Holle der Firma Transpower zugeleiteten Unterlagen nicht berücksichtigt worden! Wir haben der Firma Transpower die Unterlagen über den Bebauungsplan "Mastbruch", den Bebauungsplan "Bergmühle" sowie die Außenbereichssatzung "Schaltwerk Grasdorf" zur Verfügung gestellt. In allen diesen mit rechtsverbindlichen Plänen versehenen Gebieten ist eine Wohnnutzung zulässig und findet auch statt! Die sich in diesem Bereich überlagernden Schutzbereiche machen, sollte es bei dem geplanten Trassenverlauf verbleiben, zwingend eine Erdverkabelung notwendig! Ohne eine solche Erdverkabelung kann der Trassenverlauf nur Richtung Osten verschwenkt werden. Im Übrigen sei hier durch die europäische Vogelschutzrichtlinie sowie die entsprechende Naturschutzgebietsverordnung geschützte Innersteniederung verwiesen.

25.Danach verläuft die geplante Trasse sogar ein Stück weit Richtung Nordwesten. Hierdurch rückt der Trassenverlauf an das Gewerbegebiet Grasdorf heran, in dem natürlich wie in jedem anderen Gewerbegebiet auch, privilegiertes Wohnen möglich ist. Der entsprechende Abstandskorridor ist hier keinesfalls eingehalten worden.

26.Vollkommen unbegreiflich ist das weitere Abweichen von der Bündelung mit der Bundesautobahn A 39. Stattdessen erfolgen die Planung und der Trassenverlauf quer durch das Niedermoorgebiet südlich der Ortschaft Luttrum. Gerade dieses ökologisch wertvolle Gebiet wird durch das Aufweichen der Bündelungsvorgaben mit den Bundesautobahnen zerschnitten. Auch wird es später bei der Realisierung dieser Trasse zu ganz erheblichen Eingriffen in dieses schützenswerte Ökosystem kommen, da die vorhandenen Stahlgittermasten nur mit umfangreichen Maßnahmen in diesem Moorgebiet zu stabilisieren sind.

27.Im Übrigen weist der Flächennutzungsplan der Gemeinde Holle bereits in seiner ursprünglichen Fassung aus dem Jahre 1977 für den engeren Bereich des Moorgebietes ein Biotop
und für einen größeren Bereich ein "Rohstoffsicherungsgebiet" mit der Konkretisierung "Torfgebiet" aus. Diese Ausweisung im Flächennutzungsplan ist bisher nicht verändert worden und hat damit weiterhin seine Gültigkeit. Da diese Ausweisung auch keinen höherrangigen Planungen widerspricht, haben die Planungsbehörden bei ihren Entscheidungen diese Festsetzungen zu beachten.

28.Sollte der jetzt geplante Trassenverlauf verwirklicht werden, müssten im Luttrumer Moor die Fundamente für die Masten bis auf eine tragende Erdschicht gegründet werden. Diese Fundamente zerstören das über sehr lange Zeit aufgebaute Niedermoor und wirken wie eine Drainage. Hierdurch steht zu befürchten, dass das Luttrumer Moor als eines der letzten intakten Niedermoorgebiete Niedersachsens trockenfällt. Demzufolge würden unwiederbringliche ökologische Schäden verursacht werden.

29.Im Bereich der Gemeinde Holle wird von den Landwirten eine hochprofessionelle Landwirtschaft betrieben. Dies führt dazu, dass die sehr ertragreichen Böden mit den Maschinen und Geräten bearbeitet werden, die dem derzeitigen Stand der Technik entsprechen. Eine dieser Techniken ist das Ortungssystem GPS. Hierdurch werden verschiedenste Steuerungen bei der Bodenbearbeitung, bei der Aussaat, im Pflanzenschutz wie auch der Ernte gesteuert. Erwiesenermaßen werden GPS-Daten in Bereichen von Höchstspannungsleitungen gestört. Es könnten damit erhebliche landwirtschaftliche Flächen zukünftig nicht mehr entsprechend dem Stand der Technik bewirtschaftet werden, was zwingend zu wirtschaftlichen Einbußen der Landwirtschaft führen wird.

30.Für den Fall, dass entgegen den Forderungen der Gemeinde Holle sowie ihrer Bürgerinnen und Bürger die Leitungstrasse gebaut werden sollte, muss der für die ökologischen Eingriffe notwendig werdende Ausgleich im Eingriffsgebiet (also für Eingriffe in der Gemeinde Holle auch innerhalb der Gemeinde) erfolgen. Die Gemeinde erklärt sich bereit, hierfür ein "Ökokonto" einzurichten, das treuhänderisch für Ausgleichsmaßnahmen im Gemeindegebiet verwendet wird.

An dieser Stelle sei angemerkt, dass der argumentierte "Ausgleich" für Eingriffe in die Schutzgüter im Gebiet der Gemeinde Holle für die betroffenen Einwohner/innen der Gemeinde schwerlich mit Leitungsrückbauten außerhalb der Gemeinde nachvollziehbar erklärt werden kann.

Die Erdverkabelung im Zuge des 6-spurigen Ausbaus der A 7 (der zeitgleich ansteht) wurde in den Überlegungen gar nicht berücksichtigt. Diese bereits im vorherigen Verfahrensschritt eingebrachte Idee ist aus unerklärlichen Gründen nicht als wesentlich weniger belastende Alternative aufgegriffen worden.

Die Gemeinde Holle fordert, dass auf Grund der Vielzahl und Schwere der beschriebenen, zu erwartenden negativen Beeinträchtigungen der hohen ökologischen und landschaftlichen Werte sowohl die Trassenvariante 1 als auch 2 seitens der Antragstellerin zurückgezogen werden muss.

Mit freundlichen Grüßen
Klaus Huchthausen
Bürgermeister der Gemeinde Holle